Ca` Vendramin, Venedig

"solo al pianoforte"

Am 03.07.2005 um 21:30 Uhr eröffnet Ivano Fossati mit einem exclusiven Konzert die Konzertreihe „Casino Giardino“ des venezianischen Staats-Casino im Garten der Ca´ Vendramin. „Solo al pianoforte - un´ ora di canzoni spogliate“ ist das Motto des Abends, für den es kaum mehr als 280 Karten gibt.

Um 21:30 sind es, nach einem heissen Tag, jetzt milde 24 Grad und auf der kniehohen Bühne stehen nur ein Flügel, eine kleine HammondOrgel und ein auf das wesentliche reduzierte Schlagzeug. Im Rücken der Bühne erhebt sich die dramatisch angeleuchtete Renaissance-Fassade des sogenannten Weissen Flügels in dem Richard Wagner bis zu seinem Tod lebte. Auf der gegenüberliegenden Seite des kleinen Gartens liegt der Canale Grande, an den Seiten des Gartens sind mannshohe Fackeln und Kerzentürme aufgestellt. Dazwischen bewegen sich elegant gekleidete, auf einen grossen Abend eingestimmte Venezianer.

Als der ligurische Cantautore um 21:40 die Bühne in Begleitung seiner Lebensgefährtin Mercedes Martini betritt hat sich der Himmel in phantastische Rottöne gehüllt und die Dämmerung senkt sich über die Lagunenstadt. Mercedes Martini liest einen kurzen Text von Kurt Weil vor, den Fossati leise am Klavier begleitet. Als sie die Bühne verlässt klingen die ersten Töne von „Lindbergh“ durch die warme Abendluft.

„Spogliate“, bedeutet „entkleidet“ und bereits bei diesem ersten Lied wird klar was Fossati mit „spogliate“ meint. Die Melodie ist auf das wesentlich reduziert und für das Klavier umarrangiert. Bevor er den nächsten Song anstimmt erzählt er in der ihm üblichen Manier, das er sich mit diesem Abend einen lange gehegten Wunsch erfüllt und welch eine Entdeckungsreise es auch für ihn war, neue und auch alte, lange nicht gespielte Stücke aufzuarbeiten und umzuarrangieren. „Pane e corragio“ ist das nächste Stück, leicht und jazzig vorgetragen, mit einer Mundharmonica begleitet er sein Klavierspiel. Kaum zu erkennen sind diese „canzoni spogliate“, ihres kompletten Instrumentalen Aufbaus beraubt, weitläufig interpretiert und über ihre normale CD-Spielzeit verlängert. „L´uomo coi capelli di ragazzo“ leitet er mit einer auf der Hammond-Orgel hinreissend gespielten Melodie ein und zusammen mit „La costruzione di un amore“ und „La musica che gira intorno“ bildet „L´uomo...“ den ersten dramatischen Höhepunkt des Abends. Bei dem siebten Lied „Oh che sará“ gesellt sich Claudio Fossati zu seinem Vater und begleitet ihn am Schlagzeug. Das auf mehr als 7 Minuten verlängerte „Buontempo“ spielt der Genuese in einer heiteren, gänzlich entzuckerten Version, er lässt seiner Spiellust freien Lauf und interpretiert, improvisiert und es in diesem einmaligen Augenblick deutlich zu spüren das er nicht für Geld oder für sein Publikum da oben sitzt sondern jetzt, in diesem speziellen Moment, nur um seines persönlichen Vergnügens willens.

Und Fossati redet, erzählt, erklärt, begleitet sich selbst beim Reden auf dem Klavier, spielt einen Song an, unterbricht sein Spiel, erzählt weiter, erklärt sich seinem staunenden Publikum und bringt es immer wieder zum Schmunzeln. Noch einmal kommt Mercedes Martini auf die Bühne, liest einen kurz Text vor, von dem Fossati zu „Il mio fratello che guardi il mondo“ überleitet. „Questi posti davanti al mare“ seit Jahren nicht mehr auf der Bühne gespielt überrascht die Zuhörer, mit dem zärtlich vorgetragenen „Pensiero stupendo“ verzaubert er nicht nur die anwesenden Damen, „C´è tempo“ gerät zum inbrünstigen Gebet. Fossati geniesst den Abend, dehnt ihn aus purer Lust am Spiel. „Il Disertore“ singt er stehend, gänzlich ohne Begleitung. Bei „La Canzone Popolare“ bittet er sein Publikum nur zuzuhören und nicht zu diskutiern. Fossati schliesst den Abend mit 2 Stücken, die ich leider nicht kenne, das erste ohne Erklärung und Songtitel, das letztere mit langer Erklärung aber auch ohne Titel, es wurde 1966 von Giorgio Gaber geschrieben und von Fabrizio de Andrè interpretiert (vielleicht „Il ragazzo della Via Gluck“?), aber auch hier muss ich komplett passen. Als er unter lang anhaltenden Applaus gegen 23:30 die Bühne verlässt, ist sich sein Publikum einig etwas einmaliges, unwiederholbares erlebt zu haben.

Es sind 110 Minuten geworden, diese „un ora di canzoni spogliate“ für die eigentlich nur 50 Minuten geplant waren. Nur wenige Minuten nach Konzertende betritt Fossati noch einmal den Garten des Ca´ Vendramin und gibt seinen Fans geduldig Autogramme, hört aufmerksam dem zu, was ihm erzählt wird, fragt, antwortet und ist beinahe sprachlos als ich erkläre das ich für das Konzert aus Deutschland gekommen bin. Mit einem warmen Händedruck und ein paar freundlichen, aufmunternden Worten schickt er mich dann in die venezianische Nacht.

almuelle / Text u. Photos



Playlist:

  1. Intro von Mercedes Martini
  2. Lindbergh
  3. Pane e corragio
  4. Vola
  5. L´uomo coi capelli da ragazzo
  6. La costruzione di un amore
  7. La musica che gira intorno
  8. Oh che sarà
  9. Buontempo
  10. Panama
  11. Intro zu „Mio Fratello“ vorgetragen von Mercedes Martini
  12. Il mio fratello che guardi il mondo
  13. I treni a vapore
  14. Questi posti davanti il mare
  15. Una notte in Italia
  16. Pensiero stupendo
  17. C´è tempo
  18. Il disertore
  19. La canzone popolare
  20. Unbekanntes Stück
  21. Unbekanntes Stück von Giorgio Gaber

Bei den Stücken 7, 9, 10 - 15 wird er von Sohn Claudio an den Drums/Percussions begleitet.

Ivano Fossati Casino Venedig Il Giardino Bühne
solo al pianoforte Ivano Fossati, Clausio Fossati Zugabe
Ivano Fossati
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